Montag, 24. Oktober 2022
Nach der glücklosen (und völlig überforderten) Liz Truss, wird heute ein neuer Parteivorsitzender gesucht, der automatisch auch das Amt des Premierministers übernehmen wird. In gut zwei Stunden endet die Bewerbungsfrist. Das Wahlkomitee hat die Hürde bewusst hoch gelegt, um die Anzahl der Kandidaten gering zu halten. Die Zeit drängt, bis spätestens Freitag soll der/die Neue im Amt sein. Es scheint, dass alleine Rishi Sunak die geforderten 100 Unterstützer mitbringt. Damit wäre die Wahl innerhalb der Partei eigentlich überflüssig.
Wahlberechtigt sind rund 360 Tory Abgeordnete. Die Parteimitglieder haben diesmal keine Stimme. Alle sind also Berufspolitiker und verbringen viel Zeit im House of Commons. Am Wochenende fahren sie in ihre Wahlkreise, um mit den Bürgern zu sprechen, die sie ins Parlament gewählt haben. So weit, so gut.
Nun die Überraschung. Man hat sich entschieden, dass alle Abgeordneten ihre Stimme per Mail schicken sollen. Früher nutzte man auch das Telefon, aber das ist komplizierter, denn man weiß nicht, ob man wirklich mit demjenigen spricht, der vorgibt, am anderen Ende zu sein. Eine simple, formlose Mail Nachricht genügt, schon wird die Stimme gezählt. Und da kam über Nacht Protest auf. Eine beachtliche Anzahl der bezahlten und gewählten Volksvertretern, man schätzt 15-20 Prozent, verfügen weder über einen PC noch über ein Smartphone! Die Damen und Herren werden für ihre Arbeit als Volksvertreter bezahlt und rechnen zusätzlich großzügig bemessene Spesen für Reisen, Büro und Ähnliches ein.
Kann man das glauben? Ich fürchte, man muss. Es gibt ländliche Gegenden in England (Wales, NI und Schottland) wo die Zeit irgendwann stehen geblieben ist. Vermutlich schickt man dort noch immer den ‘Town Crier’ los, wenn man dem Volk etwas mitteilen will. Der stellt sich dann auf den Marktplatz und informiert: “Oyez, oyez, oyez! There is a reward of 5 pounds for anyone who gives information about whereabouts of the escaped lion.”