Mein Beitrag, den ich im Januar geschrieben hatte, kam ein paar Tage zu spät, aber in England muss man nicht auf den Tag genau gratulieren. Der berühmte Mann, um den es hier geht, kam am 22. Januar 1561 in London, im York Palace in Strand, zur Welt, da kommen meine Glückwünsche ohnehin zu spät. Aber es ist ein triftiger Grund ihm einen Beitrag zu widmen, denn er hatte viel mit der Stadt zu tun. Francis Bacon war ja nicht nur Philosoph, sondern auch Staatsmann und Parlamentarier unter Elizabeth I. Außerdem war er ein kluger Kopf und ein Verfechter der empirischen Herangehensweise, die sich damals weder in der Philosophie noch in der Wissenschaft durchgesetzt hatte. Statt spitzfindiger Diskussionen bevorzugt er die Beobachtung und das Experiment, aus dem er dann seine Schlüsse zog. Es dauert nicht lange und Bacon stößt auf Widerstand. Ausgerechnet bei seiner Königin fällt er in Ungnade. Er bemüht sich um Schadensbegrenzung, hat aber keinen Erfolg. Elizabeth schmollte ihm lebenslang. Zum Glück hatte Francis Bacon viele Talente mit auf seinen Lebensweg bekommen und er nutzt sie: Schriftstellerei, wissenschaftliche Forschung, dazu ein abgeschlossenes Jurastudium. Einzig, das Geld fehlt ihm und deshalb entschließt er sich spät zu einer Heirat. Eine Frau aus vermögenden Elternhaus bringt die nötige Aussteuer mit. Die Ehe bleibt kinderlos, es gibt Gerüchte über eine mögliche homosexuelle Neigung von Bacon. Auffallend ist der Altersunterschied, der sogar damals für Stirnrunzeln sorgt. Bacon ist 45 und seine Braut gerade einmal 14 Jahre alt.

 

Francis Bacon kam im York Palace am Strand zur Welt. Vom Palast ist nur noch dieses Tor übrig geblieben. Es führte früher zur Themse, denn die war deutlich breiter als heute.

 

Mit der Eheschließung bringt Bacon nicht nur seine Finanzen in Ordnung. Auch seine Karriere nimmt wieder Schwung auf. Die Königin ist tot, ihr Nachfolger Jacob I. ernennt ihn zum Generalstaatsanwalt. Er startet mit einem Paukenschlag und verurteilt den berühmt-berüchtigten Walter Raleigh zum Tod. Er kannte ihn gut, aber die Pflicht steht vor der Freundschaft. Natürlich wird ein Geständnis erzwungen, was auf der Streckbank geschieht. Zum Dank wird Bacon zum ‘Lord Keeper of the Seal’ ernannt und wenig später sogar zum Lordkanzler. Er hatte es geschafft. Der Adelstitel, erst Baron dann Viscount, folgten prompt.

Wie es sich in einem guten Drama gehört, folgte dem Aufstieg der tiefe Sturz. Francis Bacon wird selbst in Haft genommen. Man beschuldigt ihn der Bestechlichkeit, große Geldsummen sollen geflossen sein. Der König scheint trotz der Vorwürfe an seinem Lordkanzler festhalten zu wollen. Kurzerhand bestimmt er das Strafmaß nach eigenen Ermessen und lässt es äußerst milde ausfallen. Nach nur vier Tagen Haft ist Bacon wieder ein freier Mann. Die verhängte Geldstrafe muss er nie bezahlen. Er war also mit einem blauen Auge davongekommen, aber er wurde lebenslänglich vom Hof verbannt. Folgerichtig zog er sich auf seinen Landsitz zurück und begann mit der Schriftstellerei. Viele glauben, dass er der Autor von Shakespeares Werken war, denn die beiden kannten sich gut und Bacon wäre intellektuell der Geeignetere gewesen, weil er über die nötigen Lebenserfahrungen verfügte. Auch Walter Raleigh traute man die Urheberschaft zu, vielleicht steckten alle drei hinter den unsterblichen Werken? Fachleute streiten munter weiter und hoffentlich wird es nie geklärt.

 

Shakespeare hat ein Denkmal mitten auf dem Leicester Square bekommen. Sein Theater wurde original getreu am Themseufer nachgebaut. Also ohne Dach! Jedenfalls im Bereich der Stehplätze und einem Teil der Bühne.

 

Als Francis Bacon im Alter von 65 Jahren stirbt, ist er längst wieder in London. Genau gesagt in Highgate, was damals noch ein beschauliches Dorf im Norden der Stadt war. Daran hat sich eigentlich bis heute nichts geändert. Alle Stadtteile haben ihren Charakter bewahrt und sind noch immer ‘Dörfer’ rund um Westminster und die City of London. Bacon starb an einer Lungenentzündung, die er sich angeblich bei einem seiner Experimente geholt haben soll. Er vertrat die Ansicht, dass Kühlung Fleisch länger frisch halten kann. Zum Beweis stopfte er ein totes Hühnchen mit Schnee aus und holte sich dabei prompt eine Erkältung. Die Geschichte ist gut, aber ich glaube sie nicht, denn Bacon starb Anfang April. Normalerweise fällt im ganzen Winter kein Schnee in London. Aber wer weiß?

Seine Frau hatte ihn vermutlich längst verlassen, ihr Geld hatte Bacon ausgegeben. Beim Tod hinterließ er eine beachtliche Menge an Schulden. Ich weiß es nicht genau, reime es mir zusammen, dass die beiden getrennt, aber wohl nicht geschieden waren. Aufgrund des Altersunterschiedes ist sie bei seinem Tod erst dreißig Jahre alt und findet schnell einen neuen Ehemann. Allerdings fällt das Datum auf, die Hochzeit findet nämlich elf Tage nach seinem Tod statt. Das ist nun wirklich zügig. Ihre zweite Ehe wird in der Kirche St Martin-in-the-Fields besiegelt. Die Kirche gibt es noch immer, sie steht am Trafalgar Square und hat ein bemerkenswert gutes Musikangebot. Vom Jazz bis zur Kantate kann man dort oft bekannte Künstler ganz nah erleben. Und zum Ausprobieren bieten sich die kostenfreien Lunch-Konzerte an, die mittags kostenfrei stattfinden.