Während meines Spaziergangs komme ich am Ehrengrabmal der Polizei vorbei. Ich hatte darüber vorher gelesen und war deshalb nicht überrascht, als ich die kreisrunde Anlage hinter dem Rosengarten entdecke. Wohl an die fünfzig Grabplatten liegen hier kreisförmig innen und außen am Weg verteilt. In der Mitte der Anlage steht ein Baum, eine Buche, die namensgebend war: ‚Revier Blutbuche‘. Für meinen Geschmack eine recht markige Bezeichnung, aber die Gräber sind schon älter und deshalb muss man den Zeitgeist berücksichtigen.
Erst dachte ich mir, dass hier die Polizisten beigesetzt werden, die im Dienst zu Tode gekommen sind. Das ist auch durchaus richtig, aber erklärt nicht, warum so viele Gräber hier beisammen sind. Dann erfahre ich, dass die Anlage 1923 angelegt wurde. Damals, mitten in der Inflationszeit, kam es im Herbst zu einem Arbeiteraufstand in Hamburg. Dabei wurden gezielt Polizeiwachen von Kommunisten angegriffen. Man war bewaffnet und am Ende des Tages waren vierzehn Beamte ums Leben gekommen. Sie waren die Ersten, die in diesem Ehrengrab die letzte Ruhe fanden. Baudirektor Fritz Schumacher war der verantwortliche Planer.
Als ich dann eher ziellos weitergehe, dabei auch die Cordesallee quere, stoße ich auf der anderen Straßenseite auf eine ähnliche Anlage. Sie ist deutlich jünger (1953 eingeweiht), und ich zähle sehr viel weniger Grabsteine. Eine in Stein gemeißelte Flamme, in der Mitte der Anlage, gibt Auskunft, denn dort lese ich ‚Feuerwehr Hamburg‘. Aber verstehe schon vorher um was es sich hier handelt, denn man hat einen roten Feuerwehrhelm auf den Sims gelegt. Vielleicht von einem Kind, das mit der Mutter hier gewesen war? Die Ehrenanlage der Feuerwehr gefällt mir gestalterisch besser, denn man nutzte eine sanfte Geländesenke. Rundherum schützt ein natürlicher Wall. – Ich habe meinen englischen Freund bei mir, der etwas launig fragt: „Und wo ist die Grabanlage für die Dachdecker, die bei der Arbeit abstürzen? Oder die Seeleute, die mit den Containern voller koreanischer T-Shirts versinken?“ Ist das nun respektlos? Nein, er ist Pathologe in London und weiß, wovon er spricht. Für mich der perfekte Begleiter auf meinen Touren, denn er erdet mich immer wieder zuverlässig, wenn ich mitten zwischen den Grabsteinen doch einmal emotional ins Schwanken geraten sollte.