Gleich am Anfang der Cordesallee, auf der rechten Seite, sind viele imposante Familiengräber zu sehen. Auf den Grabsteinen lese ich bekannte Hamburger Namen. Mich zieht zunächst aber etwas anderes auf diese Straßenseite. Ein gelb blühender Busch fiel mir schon von Weitem auf. Die Nächte sind noch bitterkalt und außer Schneeglöckchen konnte ich keine einzige Blüte bisher entdecken. Hier jetzt die Ausnahme, eine gelbe Blütenpracht, die ich erst einmal als Forsythie einordne. Weit gefehlt, wie ich schon fast vermutete, denn in meinem Garten steht auch eine, aber deren Knospen sind noch fest geschlossen. Was hier schon so früh blüht, ist eine Kornelkirsche.

 

 

Später im Sommer wird die Kornelkirsche rote Früchte tragen, die durchaus essbar sind. Als ich nahe herangehe, um ein paar Details zu fotografieren, nehme ich einen schwachen Honigduft wahr. Später erzählt mir mein englischer Freund, der sich mit der Imkerei auskennt, dass ich mich nicht geirrt habe. Die früh im Jahr blühende Kornelkirsche wird gerne von den Bienenvölkern auf ihrem Reinigungsflug aufgesucht. So nennt man den ersten Flug nach dem Winter, der vor allem der Entsorgung des Kotes dient. Denn während der Winterruhe entleeren sie sich nicht, um das Nest nicht mit Krankheitserregern zu infizieren. Ich hoffe, ich habe ihn da richtig verstanden, denn es ist kaum zu glauben. 

 

 

Die Voliere, mit dem Pfau auf dem Dach, umschließt einen nachgebildeten Brunnen (Margarethenbrunnen). Das Kunstwerk wurde von der Stadt Hamburg 1957 gekauft und hier aufgestellt. Erst dachte ich, es wäre ein Kranich, aber da habe ich mich geirrt. Jetzt reckt der Vogel seinen Hals in die Luft und hofft wahrscheinlich eine Partnerin anlocken zu können. Ich drücke ihm die Daumen.

Dann gehe ich zur Straße zurück und da fällt mein Blick auf einen schlichten, sehr eleganten Grabstein. Er ist tiefschwarz, mit glatter Oberfläche, die im Sonnenlicht glänzt. Das Grab gehört der ‚Familie Jahr‘, die ich leicht zuordnen kann. Das Verlagshaus Gruner + Jahr ist in Hamburg ansässig und sehr bekannt. Als ich über das Leben von John Jahr jr. nachlese, freue ich mich über einen Eintrag besonders: Er hat 1953/54 in der Chefredaktion des Daily Mirror in London gearbeitet. Das ist mein Geburtsjahr und London ist längst meine zweite Heimat geworden. Gerne hätte ich mir von ihm erzählen lassen, wie das damals dort so war. Sicherlich war er in der Fleet Street, denn dort waren alle Zeitungsredaktionen bis spät in die 90-er Jahre ansässig. Als ich schon weitergehen will, entdecke ich ein liebevolles Detail. Oben auf dem Stein, sitzt ein kleiner, verschmitzter Engel und wirft mir einen Handkuss zu! Oder interpretiere ich die Geste falsch? Auf jeden Fall scheint er Spaß zu haben. Was für eine hübsche Idee; irgendwie ein wenig englisch, vielleicht gefällt es mir deshalb so gut.