… und deshalb erwartete ich eine Kirche oder ein Kloster, das wir jetzt besuchen werden. Wir waren mitten in London, in Finsbury, das zum Stadtteil Islington (sprich: Isinten) gehört und von Fußballfans aus aller Welt regelmäßig aufgesucht wird. Erstligist FC Arsenal ist hier im eigenen Stadion zu Hause. Zum Glück ist das jetzt nicht unser Ziel.

George ist zwar bekennender Fußballfan, aber die Leidenschaft teilt er mit seinen ‘mates’ viel lieber im Pub als im Stadion. Dafür gibt es spezielle Sport- bzw. TV-Pubs, deren Wände rundum mit Flachbildschirmen gepflastert sind. Der Engländer nennt das “footy on the telly“. Ich brauchte beim ersten Mal Stunden, um die Nachricht, die George auf einen Zettel notiert hatte, zu übersetzten: Ich bin im Pub und schau’ mir das Fußballspiel mit meinen Kumpels an. Es kann spät werden. Kurz: “Footy on the telly“.

Überhaupt ist der Pub (eigentlich müsste man das Pub(lic House) sagen, aber ich mache es gerne anders), das zweite Wohnzimmer des Londoners. Zu Hause verbarrikadiert er sich gerne, –my home is my castle-, und lädt praktisch nie dorthin ein. Falls Sie (als Frau) also mal von einem Engländer privat nach Hause eingeladen werden, gehen Sie davon aus, dass er es wissen will. An diesem Abend wird er aufs Ganze gehen. Garantiert. – Wenn ich es mir recht überlege, wäre das in Deutschland vielleicht auch nicht anders?

But I’ve wandered off my original point und sollte den Faden jetzt wieder aufnehmen, der mich nach Angel führen soll. Unser Ziel war eine der großen und stets quirligen tube-stations, die den schönen Namen Angel trägt. Der Name war mir geläufig, denn hier am Eingang Islington High Street traf man fast täglich James Bowen und seinen zauberhaften Kater Bob. Die beiden wurden bald eine echte Londoner Attraktion und schon bald erschienen Bücher und schließlich sogar der Film.

 

 

Der Londoner ist stolz auf seine U-Bahn, die Tube genannt wird, und deren Gleise weitläufig oberirdisch verlaufen. Nun ist mir als Hamburgerin eine U-Bahn bestens bekannt und weckt deshalb nicht wirklich mein Interesse. Aber natürlich gibt es Unterschiede und die fallen mir als U-Bahn-Profi natürlich sofort auf.

Kaum fährt ein Zug ein, und das passiert im Londoner Zentrum minütlich, klingt ein mind the gap durch die Lautsprecher. Ich übersetzte es mir kladdemäßig mit ‘beachte die Lücke’ und lag damit gar nicht so falsch. Trotzdem konnte ich mir zunächst keinen Reim darauf machen.

Die Lücke, auf die man aufmerksam machen will, ist der Spalt zwischen Bahnsteigkante und geöffneter Zugtür. Damit dort niemand versehentlich hineinrutscht, wird er mit der Durchsage mind the gap, gewarnt.

Ich weiß nicht, ob früher nennenswert viele Fahrgäste durch diesen Spalt für immer verschwanden, aber das Londoner U-Bahnnetz scheint gefährliches Terrain zu sein. Und schaut man genau hin, bemerkt man bald, dass zwischen Bahnsteig und Zugeinstieg manchmal tatsächlich beachtliche Höhenunterschiede liegen. Es ist also wirklich wichtig, beim Ein- und Aussteigen genau hinzusehen.

Wenn die Züge auch im Minutenabstand fahren und ein wirklich weites Areal queren (14 Routen bzw. Ringlinien), so muss man doch immer darauf gefasst sein, den angepeilten Zielbahnhof leider doch nicht zu erreichen. Mal werden Weichen verstellt und dann fährt, auf Hamburg umgemünzt, die U1 plötzlich südlich der Elbe oder man bleibt abrupt im Tunnel stehen. So eine Unterbrechung kann leicht Stunden dauern und kommt zwar nicht täglich, aber regelmäßig vor. Erstaunlicherweise ist nicht selten ein Unfall der Grund für den ungeplanten Halt. Der sich übrigens in Windeseile über das gesamte Netz auswirkt. Zum Glück wird man über Lautsprecher bestens informiert und so erfährt man, dass ein serious incident had happend. Weniger taktvolle Mitarbeiter geben auch schon mal durch: “Sorry, we have one under.” Immerhin eine klare Ansage.

Ein Grund für die relativ häufigen Unfälle könnte darin liegen, dass die Londoner U-Bahn keine separat, ummantelte Stromversorgung hat. Der Strom wird in XXL-Volt durch die Schienen gejagt! Also niemals das Gleis betreten, sonst heißt es wieder “we have another one under.”

 

Underground station Westminster. Viele bekannte Politiker fahren mit der U-Bahn ins Parlament. Da sieht man oftmals prominente Gesichter.

 

In Londons Zentrum bewegt man sich am besten zu Fuß. Wenn es weitere Strecken sind, nimmt man öffentliche Verkehrsmittel. Auto geht gar nicht, wir lassen es immer stehen (darüber berichte ich mal demnächst). Fahrrad ist auch keine Option, weil das ein Spiel mit dem Leben wäre. Jedenfalls für Touristen, die den Verkehr nicht kennen und sich auch noch an die Fahrweise auf der linken Spur gewöhnen müssen.

Die Underground und der Bus sind immer eine gute Wahl. Wobei ich den Bus bevorzuge, denn der bleibt in den seltensten Fällen stundenlang im Tunnel stecken.
Und wenn Sie dann mal wieder mitten in der rush hour dieses Schild am U-Bahn Eingang baumeln sehen, dann wissen Sie, dass hier auf unbestimmte Zeit nichts mehr fährt.