Vor 614 Tagen wurde die erste Coronaviren-Infektion in Hamburg gemeldet. Ausgerechnet ein Arzt am UKE hatte sich infiziert. Er hatte sich in Oberitalien aufgehalten, wo das Virus bereits aktiv war. Ziemlich dreist sich gleich beim Fachmann einzunisten, so jedenfalls stufte ich die Meldung ein. Jetzt war es also da und bald würde es sich weiterverbreiten, das war klar. Was ich aber gar nicht ahnte, war die Kampfkraft des winzigen Angreifers. Die Meldung von der ersten Erkrankung in Hamburg wurde am 27. Feb. 2020 verbreitet. Ich hatte für den Mai eine Reise nach London gebucht und war mir sicher, dass die wie geplant stattfinden wird. Bis heute ist es nicht passiert.

 

 

Heute schreiben wir den 1. November 2021. Jetzt dauert es nicht mehr lange bis zum Weihnachtsfest. Jeder hofft auf das neue Jahr, dann soll bitte alles wieder normal sein. Schluss mit dem Viren-Dauerthema in den Nachrichten. Leider hatte ich Ende 2020 genauso gedacht und wurde bitter enttäuscht. Trotzdem baue ich aufs nächste Jahr, denn durch die Impfungen hat sich alles geändert.

614 Tage entsprechen 1 Jahr, 8 Monate und 6 Tage. Das ist verdammt lange. Es hätte für zwei aufeinanderfolgende Schwangerschaften gereicht. Oder wenn die Kinder schon im Februar 2020 auf der Welt waren, haben sie inzwischen Sprechen und Laufen gelernt. Studenten haben drei Semester absolviert und andere vielleicht ein oder zwei Scheidungen erledigt. Manche haben die Zeitspanne nicht überlebt aus welchem Grund auch immer. Zeit ist sehr relativ, es hängt viel davon ab, wie viel wir glauben davon noch zu haben. Wissen tun wir es meistens nicht und das ist wohl auch besser so.

 

Am 27. Feb 2020 wurde die erste Infektion in Hamburg gemeldet. Seit dem sind 614 Tage vergangen. Das entspricht 88 Wochen oder 1 Jahr, 8 Monate und 6 Tage. Oder für Romantiker umgerechnet 21 Vollmonde. Aber auch dann ist es noch immer viel zu lange.

 

Egal, ob man die Corona-Zeit als kurz, lang oder viel zu lang empfindet, sie macht eine markante Zeitspanne in jedem Menschenleben aus. Ich habe mir die Zeit und vor allem die Angst vertrieben, indem ich diesen Blog begann. Die Dauer der Pandemie habe ich auf meine ganz eigene Art erfahren. Ich habe mich am Vollmond orientiert. Anfangs zählte ich die Phasen, denn ich war mir stets sicher, dass beim nächsten, spätestens übernächsten Vollmond, alles wieder gut sein wird. Inzwischen habe ich vergessen, wie oft der volle Mond am Himmel stand. Es muss sich seit Beginn der Krankheit 21 Mal wiederholt haben. Aber immer, wenn ich das Licht am Nachthimmel entdecke, dann meldet sich sofort eine Stimme in mir, die mir sagt: „Du hast lange genug gewartet; beim nächsten Vollmond ist alles wieder gut.“ Die Stimme ist im Laufe der Monate etwas leiser geworden, aber zum Glück nie verstummt. 

Dieses Jahr werde ich Weihnachten feiern. Vielleicht alleine, vielleicht mit einem Freund. Das ist nicht wichtig. Aber ich werde das Haus schmücken, gut essen und trinken. Musik hören, Lieder singen und mich wohlfühlen. Ich glaube fest daran, dass es danach, am Silvesterabend, einen guten Grund geben wird, um auf das neue Jahr anzustoßen. Warten wir es ungeduldig ab.