Das begann ziemlich vielversprechend mit dem Winter. Schon Ende November fiel erster Schnee, aber es waren nur wenige Flocken. Trotzdem könnte es klappen. Weiße Weihnachten hatten wir lange nicht. Dabei ist der Winter-Zauber so willkommen, wie ein großer Klacks Sahne auf dem Kuchenstück. Nicht ohne Grund ist ‚Dreaming of a White Christmas‘ bis heute das meistgehörte und verkaufte Lied weltweit. Komponiert, oder soll ich lieber sagen erdacht, hatte es der Amerikaner Irving Berlin, der Noten weder lesen noch schreiben konnte. Es gelang ihm im Januar 1940 die Melodie zu ersinnen und zum Weihnachtsfest 1941 präsentierte dann Bing Crosby den Song erstmals der Öffentlichkeit. Seitdem gehört ‚White Christmas‘ zum Fest wie die Gans und der Rotkohl. Wobei diese Leckereien national ganz unterschiedlich geschätzt werden. Wenn man in England zum familiären Christmas Diner eingeladen wird, dann bekommt man Puter, Karotten und Rosenkohl. Das hört sich jetzt schlimmer an als es ist, denn daneben gibt es unzählige Köstlichkeiten und sollte Sie jemals die Ehre haben zu so einem Fest eingeladen zu werden, dann sagen Sie ganz laut ‚JA, bitte‘. Aber ohne die grünen Köpfe geht es bei den Engländern nun mal nicht.
Gerne hätte ich das Weihnachtsfest auf der britischen Insel verbracht, geht aber nicht. Das Virus ist hartnäckiger als gedacht. Aber die Trostlosigkeit, die wir alle letztes Jahr erlebten, wiederholt sich glücklicherweise nicht noch einmal. Dem Impfen ist es zu verdanken, dass wir uns treffen können und die Weihnachtsmärkte endlich wieder geöffnet sind. Ein besonderer liegt mitten im Stadtteil Volksdorf. Dort hat sich ein Museumsdorf tapfer gegen die Zeit gestemmt und lädt Besucher zu einer Zeitreise ein. Mitten zwischen den alten Fachwerkhäusern, die man dort liebevoll restauriert hat, kann man erfahren, wie unsere Urgroßeltern gelebt haben. Dieses Jahr verkauft man an den Wochenenden Weihnachtsbäume und damit die ganze Familie kommt, bietet man viel weihnachtliche Stimmung an.
Sobald man das Gelände betritt, sieht mal als allererstes den Baum, schön geschmückt und von brennenden Kerzen beleuchtet. Da lohnt sich ein Blick aus der Nähe, denn alleine die kleinen Laternen sind wahre Kunstwerke. Als ich um den Baum gehe, entdecke ich ihn. Den Weihnachtsmann! Nicht versteckt in einer dunklen ‚Grotte‘, wie man es in England macht, sondern im hellen Lichtschein wartet er auf Groß und Klein. Zu ihm trauen sich auch schüchterne Kinder, denn die Sache sieht aus ihrer Sicht ungefährlich aus. Nicht so unheimlich wie bei den Briten, wo man ganz alleine ins Dunkle tappen soll.
Ein Stück weiter hat man ein Karussell aufgebaut. Es ist für die Jüngsten gedacht und für manchen eine Mutprobe. Aber die Eltern stehen nahe dabei und reden den Kleinen gut zu. Andere genießen die Fahrt sehr und wollen am liebsten gleich noch einmal die Runde mitmachen. Der Dorf eigene Kaufmannsladen hat geöffnet. Hinter dem Tresen steht ‚Emmi‘ und bietet Waren an, die schon unsere Eltern kannten. Kein Plastikkram, sondern handgefertigte Holzprodukte zum Spielen, Saubermachen oder einfach als Dekoration.
Es duftet nach leckeren Speisen und Glühwein. Ich entscheide mich für etwas herzhaftes und greife deshalb zur Grillwurst.
Ich glaube das ist der echte Weihnachtsmann. Mich hat er jedenfalls überzeugt. Artig frage ich ihn, ob ich ihn fotografieren darf.
Auf die ganz Kleinen wartet ein Abenteuert. Wahrscheinlich ihre erste Karussellfahrt.
Im großen Bauernhaus, wo die Pferde und Ochsen untergebracht sind, wird es schon still. Die Tiere haben ihre eigene innere Uhr. (Ja, beim Himmel habe ich nachgeholfen.)
Mich zieht es in den hinteren Teil des Dorfes, dort wo es schon ganz ruhig geworden ist. Meine Erwartung wird nicht enttäuscht, denn dort ist durchaus noch etwas los. Das Museumsdorf ist ein höchst lebendiger Ort, mit Menschen und natürlich vielen Tieren. Die gehen Abends genau wie wir ‚zu Bett‘, dürfen aber vorher noch ein bisschen ausspannen. Es ist inzwischen fast dunkel, aber ich kann ihre hellen Mähnen gerade noch im schwachen Licht erkennen. Sie stehen in ihrem Auslauf und schauen gelassen zu den Besuchern rüber, die den Weihnachtsmarkt genießen. Dann bewegen sie sich und stellen sich Seite an Seite. Ich sehe, wie einer der beiden anfängt dem anderen am hinteren Bein zu lecken. Und das andere Pferd macht dann genau das Gleiche mit seinem vertrauten Freund. Ich vermute es ist ein Ritual, vielleicht eine Art ‚Gute Nacht‘ zu sagen. Oder einfach ein Dank an den Kumpel und ein Zeichen, dass man ihn lieb hat. Sobald ich mein Foto gemacht habe, lasse ich die beiden in Ruhe und ziehe mich diskret zurück.
Immer der Nase nach ist ein guter Plan. Mich führt die bewährte Strategie schnurstracks zum Grill. Eine Schinkenwurst ist jetzt genau das Richtige. Sie schmeckt mir so gut, dass ich einen Augenblick überlege mir eine zweite zu holen. Dann aber gewinnt die Einsicht und ich nehme mir stattdessen fest vor, am nächsten Wochenende wieder hier herzukommen. Wer weiß, vielleicht ist dann sogar schon etwas Schnee gefallen?
Falls Sie auch kommen wollen, besuchen Sie vorher die Webseite des ‚Museumsdorf Volksdorf‘. Dort sind alle Daten und Zeiten zu finden. Übrigens wurde kein Eintrittsgeld genommen. Ich musste meine Impfungen nachweisen, den Personalausweis zeigen und mit der Luca App einchecken. Das ist wirklich keine Herausforderung und hilft dabei den Besuch stressfrei zu genießen.