Der Aprilscherz war gut, kam aber einen Tag zu früh. Schon beim Aufwachen merkte ich, dass da etwas nicht stimmt. Draußen tuckerte der Hausmeister mit der Schneefräse am Fenster vorbei. Die nutzt er zwar auch im Sommer, denn das Räumgerät kann gegen anderes getauscht werden, aber normalerweise fängt er nicht so früh an. Jetzt bin ich neugierig geworden und verlasse mein warmes Bett. Jedenfalls für einen Augenblick, nur um die Gardine aufzuziehen. Oh, hallo! Was ist das denn?
Den Winter rettet es auch nicht mehr, denn der ist seit einigen Tagen endgültig vorbei. Er hatte kaum Schnee im Gepäck, dafür umso mehr graue, düstere Tage. Immerhin, da ist die heutige Variante besser. Die ersten Frühblüher ducken sich unter der Pudelmütze, die das Wetter über Nacht geliefert hat. Die Autofahrer waren hoffentlich nicht übereifrig mit dem Wechsel ihrer Winterreifen. Heute ist es tatsächlich glatt auf den Straßen. Lange wird es nicht halten. Die Sonne hat Kraft und schon morgen soll es wieder deutlich wärmer werden.
Der April ist launisch, nicht nur bezüglich der Temperaturen. Am Wochenende war ich morgens unterwegs. Im Park war ich fast alleine. Es war neblig und genau die richtige Stimmung, um mit sich selbst ins Gespräch zu kommen. Manchmal ist das nötig und dann mache ich es gerne an der frischen Luft. Da kann das Oberstübchen gut durchlüften. Kaum kam ich zum Teich, der eine Insel in seiner Mitte hat, schon war die Ruhe dahin. Ein ohrenbetäubender Lärm setzte ein, er kam von der Insel. Darauf ein paar hundert Enten und Gänse, die sich lautstark um die besten Brutplätze stritten. Aber vor allem hatten sie die Liebe im Sinn, denn erst einmal musste eine Ente gefunden werden, die paarungsbereit war. Eigentlich flirten Enten gerne, wenn es aber ernst wird, dann sind die weiblichen Tiere wählerisch. Normalerweise findet die Paarung im Wasser statt. Die Ente wird zum Surfbrett ihres Erpels und der ist gar nicht schüchtern, wenn sich eine Gelegenheit zum Entern bietet. Das kann ausgesprochen lästig werden und deshalb wundert es mich gar nicht, wenn die Entendamen die Flucht ergreifen. Leider hilft es wenig, denn der Liebhaber ist längst im Adrenalinrausch und wird sie verfolgen, egal wohin die Flucht geht.
Enten sind aber auch sehr intelligent und lernen aus ihren Erfahrungen. Wenn also der Erpel vom Paarungsdrang übermannt wird, und seine Dame Ruhe haben will, dann hilft nur eins, nämlich einen Platz zu finden, an den er nicht folgen kann. Diese Lektion scheint sich bei der Population am Teich herumgesprochen zu haben. Ich staunte jedenfalls nicht schlecht, als ich eine Gans entdeckte, die im Baum saß! Wenig später sah ich auch eine Ente, die sich ebenfalls dorthin gerettet hatte. Die nicht gerade kleine Gans war aufgeregt und verkündete ihren Ärger mit lauter Stimme. Dadurch wurde ich aufmerksam, denn die Rufe kamen eindeutig von oben, aus den Ästen zu mir herunter. Noch nie habe ich einen Wasservogel im Baum gesehen. Wie hält sie sich mit den Patschfüßchen fest? Ihre Schwimmhäute sind ideal im Wasser, können aber auf den runden Ästen kaum Halt bieten. Diese Gänsedame hatte es aber gemeistert und schon kurz später kam ihre Freundin angeflogen. Es folgten noch mehr, darunter aber kein einziger Gänserich. Die hatten die Lektion noch nicht gelernt und es würde ihnen wohl auch wenig nützen. Selbst wenn die Landung im Baum gelingen sollte, wird der akrobatische Paarungsakt vermutlich schiefgehen. Und dann liegt der liebestolle Gänsemann womöglich strampelnd im Gras und muss das Gekicher der Damen ertragen. Das Risiko ist dann doch zu groß, da wartet man lieber ab, wenn es auch schwerfällt.